6.2 | Weitere Bestimmungen

Die nachfolgenden Regelungen betreffen weitere mögliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, die für die Arbeit des Naturschutzdienstes und für Naturschützer und Naturschützerinnen
wichtig sein können. Die Aufzählung ist nicht abschließend.

6.2.1 | Abschneiden von Gehölz und Röhrichtbeständen

In der Zeit vom 1. März bis zum 30. September dürfen Bäume,
Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze nicht abgeschnitten oder auf den Stock gesetzt werden (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG). Zulässig sind lediglich schonende Form- und Pflegeschnitte. Neben dem Schutz der Vegetation dient diese Regelung in erster Linie dem Erhalt der Lebensstätten von Tieren.

Das BNatSchG sieht von dieser Bestimmung allerdings bestimmte Ausnahmen vor. So ist es zulässig, Bäume im Wald, in Kurzumtriebsplantagen oder auf gärtnerisch genutzten Grundflächen auch vom 1. März bis zum 30.September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen. Zu den gärtnerisch genutzten Grundflächen zählen z. B. Flächen des Erwerbsobstbaus, private Zier- und Nutzgärten, öffentliche Parks und Grünanlagen oder Friedhöfe.

In bestimmten Fällen gelten die Verbote nicht, z. B. sind bei
Straßenbäumen Eingriffe, die der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen, zulässig (§ 39 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG).

Auch wenn Bäume während der Vegetationszeit unter den vorgenannten Voraussetzungen abgeschnitten oder auf den Stock gesetzt werden dürfen, ist stets zu prüfen, ob der Bereich in einem Schutzgebiet liegt oder ob artenschutzrechtliche Bestimmungen verletzt werden könnten (z. B. jährlich wieder besetztes Nest, Höhlenbaum, aktuelle Brut).

Auch Röhrichte dürfen vom 1. März bis zum 30. September nicht zurückgeschnitten werden. Außerhalb dieser Zeit ist nur ein abschnittsweiser Rückschnitt erlaubt. Von dieser Bestimmung gibt es ebenfalls gesetzliche Ausnahmen (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 BNatSchG).

6.2.2 | Abbrennen der Vegetation, Abflämmen

Es ist ganzjährig verboten, die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen,
Hochrainen und ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und
Hängen abzubrennen (abzuflämmen). Auch von dieser Vorschrift
gibt es im Einzelfall Abweichungen (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG).

6.2.3 | Vogelschutz an Freileitungen

Zum Schutz der Vögel müssen neue Masten und technische Bauteile von Mittelspannungsleitungen so gestaltet sein, dass Vögel gegen Stromschlag geschützt sind (§ 41 BNatSchG). Bestehende Anlagen mit hoher Gefährdung (Mittelspannungsleitungen) mussten bereits bis 2012 vogelfreundlich umgerüstet werden (diese Nachrüstpflicht galt allerdings nicht für die Oberleitungen von Eisenbahnen).

Trotz vieler Schutzmaßnahmen, die Netzbetreiber bereits ergriffen haben, kam und kommt es immer wieder zu Todesfällen von Großvögeln wie Störchen, Greifvögeln oder Eulen durch Stromschlag. Zur Reduzierung dieses Risikos und um gefährdete Vögel besser zu schützen, hat das UM gemeinsam mit Verbänden und Netzbetreibern im Juli 2022 eine gemeinsame Vereinbarung zum Vogelschutz an Mittelspannungsfreileitungen unterzeichnet.

Wer Vogelverluste an Stromleitungen feststellt, sollte dies der
unteren Naturschutzbehörde melden.

Weitere Informationen

Vereinbarung Vogelschutz Stromleitungen

6.2.4 | Umbruch von Wiesen

Für außerhalb von geschlossenen Ortschaften liegende Dauergrünlandflächen (z. B. Wiesen und Weiden) gilt ein generelles Umbruchverbot (§ 27a Abs. 1 LLG), um zu verhindern, dass Wiesen in Äcker umgebrochen werden. Es gibt Ausnahmetatbestände. Jede Umwandlung von Dauergrünland ist genehmigungspflichtig und in der Regel muss an anderer Stelle Ersatzgrünland angelegt werden. Bereits nach dem BNatSchG ist auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand sowie auf Moorstandorten ein Grünlandumbruch zu unterlassen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 BNatSchG). Verboten nach § 38 WHG ist der Umbruch von Dauergrünland in Gewässerrandstreifen (siehe Kap. 3.3.3).

Sonderregelungen, die einen Umbruch erlauben können, gelten für Wiesen, die aus dem Vertragsnaturschutz (siehe Kap. 7) entstanden sind. Sie können nach Ablauf der vertraglichen Bindungsfrist umgebrochen werden (§ 14 Abs. 3 BNatSchG, § 27a Abs. 3 LLG).

6.2.5 | Aufforstungen

Die Aufforstung von Grundstücken in der offenen Landschaft ist genehmigungspflichtig. Dies gilt auch für Weihnachtsbaum-, Schmuck- und Zierreisigkulturen sowie für Kurzumtriebsplantagen (Anbau schnellwachsender Baumarten wie Pappel, Weide zur Erzeugung von Energieholz), wenn sie größer als 20 ar sind.

Um Wiesen und Weiden zu schützen (siehe Kap. 6.2.4), ist die Genehmigung einer Aufforstung von Dauergrünland (Wiesen usw.) an weitere, strenge Auflagen geknüpft. Die Genehmigung einer Aufforstung u. ä. ist nicht erforderlich, wenn sie in einem von der Gemeinde festgelegten Aufforstungsgebiet liegt. Neben Aufforstungsgebieten können Gemeinden auch Nichtaufforstungsgebiete ausweisen (§§ 25, 25a und 25b LLG).

6.2.6 | Gräben und Entwässerungseinrichtungen

Zum Schutz von Tieren und Pflanzen, die in und am Rande wasserführender Gräben leben, ist es verboten, ständig wasserführende Gräben (z. B. Entwässerungsgräben, manche Straßengräben) mit Grabenfräsen zu räumen, wenn dadurch der Naturhaushalt, insbesondere die Tierwelt, erheblich beeinträchtigt wird (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG).

Moorstandorte und Feuchtgebiete haben eine wichtige Bedeutung für die Artenvielfalt und den Klimaschutz. Häufig handelt es sich um gesetzlich geschützte Biotope (§ 30 Abs. 2 Nr. 2 BNatSchG). Die Anlage neuer sowie die wesentliche Änderung bestehender Entwässerungseinrichtungen in diesen Gebieten ist deshalb zu unterlassen. Änderungen bestehender Bewässerungsgräben sind zulässig, wenn sie der Renaturierung oder der Wiedervernässung der Standorte dienen (§ 7 Abs. 4 NatSchG).

6.2.7 | Bodenauftrag und Abgrabungen

Bodenaufschüttungen und Abtragungen gelten als bauliche Anlagen
(§ 2 LBO). Sie sind auf Flächen über 500 m² im Außenbereich naturschutz- und baurechtlich genehmigungspflichtig (§ 19 Abs. 1 NatSchG, § 50 Abs. 1 LBO mit Anlage).

Aufgrund von Schutzbestimmungen kommen viele Flächen für eine Bodenaufschüttung nicht in Frage. Dazu zählen u. a. Naturschutzgebiete, Naturdenkmale, gesetzlich geschützte Biotope, Kernzonen von Biosphärengebieten, Wasserschutzgebiete, Gewässerrand-streifen (10 m), Überschwemmungsgebiete, Wald, Grünland.
In Landschaftsschutzgebieten und Pflege- und Entwicklungszonen von Biosphärengebieten gelten je nach Schutzgebietsverordnung besondere Bestimmungen. Sofern ausnahmsweise in geschützten Gebieten aufgefüllt werden soll, sind auch bei kleineren Flächen Zulassungsverfahren erforderlich.

6.2.8 | Bauten im Außenbereich

Im Außenbereich ohne Schutzbestimmungen (d. h. außerhalb von Schutzgebieten) sind baurechtlich verfahrensfrei zulässig:

  • Gebäude ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten (Geschirrhütten), wenn sie weder Verkaufs- noch Ausstellungszwecken dienen, bis max. 20 m³ Brutto-Rauminhalt
  • Gebäude ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen und ausschließlich zur Unterbringung von Ernteerzeugnissen oder Geräten oder zum vorübergehenden Schutz von Menschen und Tieren bestimmt sind, bis 100 m² Grundfläche und einer mittleren Wandhöhe bis zu 5 m,
  • Windenergieanlagen bis 10 m Höhe,
  • offene Einfriedungen, ohne Fundamente und Sockel, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen.

Eine vollständige Liste der genehmigungsfreien Fälle enthält der Anhang zu § 50 Abs. 1 LBO.

In Landschafts- und Wasserschutzgebieten sowie Pflege- und Entwicklungszonen von Biosphärengebieten müssen auch land- oder forstwirtschaftliche Schuppen/Viehunterstände bzw. Einfriedigungen in der Regel nach der jeweiligen Verordnung genehmigt werden. In Naturschutzgebieten, flächenhaften Naturdenkmalen, in gesetzlich geschützten Biotopen und in Kernzonen von Biosphärengebieten sind solche Bauten in aller Regel verboten.

Um rechtswidrige Eingriffe bereits frühzeitig zu verhindern, sollten Mitglieder des Naturschutzdienstes entsprechende Beobachtungen so bald wie möglich der zuständigen Naturschutzbehörde mitteilen.

6.2.9 | Beleuchtungsanlagen, Himmelsstrahler,
Werbeanlagen

Mit der Neufassung des Naturschutzgesetzes durch das sog. Biodiversitätsstärkungsgesetz (vgl. Kap. 1.4) wurde u. a. der Schutz der Insekten gestärkt. So sind Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich zu vermeiden. Beim Aufstellen von Beleuchtungsanlagen im Außenbereich müssen die Auswirkungen auf die Insektenfauna überprüft und die Ziele des Artenschutzes berücksichtigt werden. Beleuchtungen, die sich etwa in NSG, Nationalparken, ND, geschützten Landschaftsbestandteilen und gesetzlich geschützten Biotopen befinden, oder die in diese hineinstrahlen, dürfen, falls nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich, nur in Ausnahmefällen genehmigt werden (§ 21 Abs. 1 NatSchG).

Vom 1. April bis zum 30. September ist eine Fassadenbeleuchtung von Gebäuden ganztägig verboten, vom 1. Oktober bis zum 31. März zwischen 22 Uhr bis 6 Uhr. Eine Beleuchtung aus Gründen der öffent-lichen Sicherheit oder auf Grund einer Rechtsvorschrift bleibt möglich (§ 21 Abs. 2 NatSchG). Die Regelung gilt für sämtliche Gebäude im Innen- und Außenbereich, unabhängig davon, wer Eigentümer ist.

Seit dem 01.01.2021 müssen neue und bestehend Beleuchtungsanlagen im Fall von Um- und Nachrüstungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen mit einer insektenfreundlichen Beleuchtung ausgestattet werden. Bis Ende des Jahres 2030 müssen sämtliche bestehende Beleuchtungsanlagen auf eine insektenfreundliche Beleuchtung umgestellt sein (§ 21 Abs. 3 NatSchG).

Werbeanlagen in der freien Landschaft sind in der Regel unzulässig. Dazu gehören auch Himmelsstrahler (sog. Skybeamer) und ähnliche Einrichtungen, die störend in Erscheinung treten.

Wenn gewährleistet ist, dass weder das Landschaftsbild noch die Tierwelt beeinträchtigt werden, kann die Naturschutzbehörde Ausnahmen zulassen, etwa bei

  • Werbeanlagen am Ort der Leistung,
  • Himmelsstrahler u. ä., wenn sie außerhalb der Zeit des Vogelzugs (15. Februar bis 15. Mai und 1. September bis 30. November) betrieben werden,
  • Hinweis auf Selbstvermarktungseinrichtungen (z. B. Erdbeeranlagen, Forellenzuchtbetriebe).

Hinweise auf besondere Veranstaltungen, z. B. sportliche Treffen, Feste und Vorführungen, müssen der Naturschutzbehörde vorher angezeigt werden. Sie sind vom Veranstalter unverzüglich nach der Veranstaltung zu entfernen (§ 21 NatSchG).

6.2.10 | Verrotten und Verbrennen von Landwirtschafts- und Gartenabfällen

Die Entsorgung pflanzlicher Abfälle ist in der „Verordnung der Landesregierung über die Beseitigung pflanzlicher Abfälle außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen“ (PflAbfV BW) geregelt. Pflanzliche Abfälle, die auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken anfallen, dürfen dort durch Verrotten (Liegenlassen, Unterpflügen, Kompostieren etc.) beseitigt werden. Dabei dürfen keine Geruchsbelästigungen auftreten.

Im Außenbereich dürfen pflanzliche Abfälle auf Grundstücken, auf denen sie anfallen, nur verbrannt werden, wenn sie nicht in den Boden eingearbeitet werden können und wenn besondere Auflagen beachtet werden. Ein flächenhaftes Abbrennen ist verboten (siehe Kap 6.2.2)!

Wenn größere Mengen pflanzlicher Abfälle verbrannt werden, ist dies der Ortspolizeibehörde rechtzeitig vorher anzuzeigen. Damit die von Beobachtern möglicherweise alarmierte Feuerwehr nicht ausrückt, sollte auch die Feuerwehr/Feuerwehrleitstelle benachrichtigt werden.

Zur Handhabung vor Ort geben die Landratsämter Auskunft.

6.2.11 Müll, Bauschutt, illegale Abfallentsorgung

Wer sich in der freien Landschaft aufhält, muss seine Abfälle wieder mitnehmen (§ 44 Abs. 4 NatSchG).

Selbstverständlich ist es auch verboten, Hausmüll, Sperrmüll, Bauschutt, Abfälle aus der Tierhaltung, Schlachtabfälle, Tierkadaver und pflanzliche Abfälle in der freien Landschaft abzulagern.
Näheres regelt u. a. das Landes-Kreislaufwirtschaftsgesetz (LKreiWiG).
Über eine ordnungsgemäße Entsorgung dieser Stoffe informiert die Abfallberatung der Landratsämter.

Das Auffüllen von Wegespuren in Wald und Feld mit unsortiertem, unzerkleinertem Bauschutt (z. B. Dachziegel, Fliesen, Kunststoffteile) gilt als illegale Abfallentsorgung. Verwendet werden darf lediglich als Schüttgut aufbereitetes (ähnlich wie Schotter oder Kies) und gütegesichertes mineralisches Material.

6.2.12 | Düngemittel, Pestizide, Streusalz

Der Einsatz von Düngemitteln (Wirtschaftsdünger wie Mist, Jauche, Gülle etc., Handelsdünger) wird in der Düngeverordnung des Bundes (DüV) geregelt, besonders deren Ausbreitungszeit und -menge.
Verboten ist es, nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen (z. B. Wegränder- oder Randstreifen) mit Herbiziden zu behandeln (§ 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG, § 12 Abs. 2 PflSchG).

Zur Regelung in Naturschutzgebieten, Kern- und Pflegezonen von Biosphärengebieten, in gesetzlich geschützten Biotopen und in Naturdenkmalen gibt § 34 NatSchG Auskunft.

Der Einsatz von Streusalz außerhalb von Privatgrundstücken ist in den von Städten und Gemeinden erlassenen Polizeiverordnungen geregelt.

6.2.13 | Bußgeld- und Strafvorschriften

Die Bußgeld- und Strafvorschriften bei Verstößen gegen das Umwelt- und Naturschutzrecht sind im Bußgeldkatalog Umwelt und z. B. in §§ 69, 71, 71a BNatSchG, § 69 NatSchG, § 84 LWaldG und §§ 324 – 330 StGB nachzulesen. Der Bußgeldkatalog Umwelt enthält 840 Tatbestände.

Die VwV Umweltstraftaten ist eine gemeinsame Verwaltungsvorschrift
des Justizministeriums, des Innenministeriums, des Sozialministeriums,
des Umweltministeriums und des Verkehrsministeriums über die Zusammenarbeit der Umweltschutz- mit den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung von Verstößen gegen die Umwelt.

Weitere Informationen

Bußgeldkatalog

VwV Umweltstraftaten